Rathaus Rodenkirchen

„Geschichte ist bald das Rathaus Rodenkirchen. Es ist völlig marode“ beschreibt Sandra Milden im Kölner Stadtanzeiger eine Fotografie des Bezirksrathauses Rodenkirchens im Mai 2023. Im Januar 2022 beschloss der Rat der Stadt Köln den Abriss des Rathauses. Nun steht es als trauriges Beispiel für den verlorenen Kampf jahrzehntelanger Debatten um Denkmalschutz, Sanierung oder Abriss.

Foto: Clara Grothkopp

Dabei war die Freude um ein eigenes, zentrales Rathaus der damals eigenständigen Gemeinde Rodenkirchens in den 1960er Jahren groß. Der Kölner Architekt Walther Ruoff gewann den ausgeschriebenen Wettbewerb, sein Entwurf wurde mit ökonomisch bedingten Veränderungen übernommen und der Bau 1967 fertiggestellt. Humanistische Grundgedanken offenbaren sich bei der Beschäftigung mit der Architekturströmung des Brutalismus: Ruoff stellt den Plenarsaal und damit den demokratischen Mittelpunkt der Gemeinde prägnant über dem Haupteingang in einem auskragenden Beton-Kubus in den Mittelpunkt. Das Erdgeschoss öffnet sich über die innen und außen identischen Bodenfliesen in den Außenraum, die öffentlichen Räume wie Meldehalle oder Kassenraum werden im breiten Erdgeschoss um Lichthöfe und Oberlichter gruppiert. Bauzeitliche Fotografien und Berichterstattungen in der Lokalpresse offenbaren schlichte, aber bewusst gewählte hochwertige Materialien und Möblierungen, wie das Trauzimmer mit Stühlen vom Designer Arne Jacobsen.

Foto: Clara Grothkopp

Schon zu Zeiten der Planung herrschten rege Diskussionen um die Standwortwahl und die Baukosten. Der Begriff der ‚Geburtswehen‘ fiel in der Lokalpresse schon vor der Fertigstellung des Rathausbaus. In den späten 1980er Jahren kam aufgrund baulicher, energetischer und stadtgestalterischer Defizite das Thema eines Neubaus auf. Nur sporadische Sanierungsmaßnahmen wirkten den entstehenden Mängeln am Gebäude entgegen, die gestalterischen Charakteristika des Gebäudes erfuhren dabei wenig Rücksicht. Kontroverse Debatten in der Bevölkerung über die Zukunft des Gebäudes führten im Jahr 2005 zu einer Beurteilung des Denkmalswerts durch den damaligen Stadtkonservator Kölns, Ulrich Krings, dessen Urteil, auch aufgrund des schlechten Zustands des Gebäudes, gegen die Unterschutzstellung fiel.

Foto: Olivia Oelsen

Das Rathaus Rodenkirchen hat Seltenheitswert. In Köln als einziges Bezirksrathaus derart komplexer Kubatur repräsentiert es neben dem Optimismus seiner Entstehungszeit eine spannende Debatte wechselnder Meinungen im Themengebiet der Denkmalpflege. Mit dem Rathaus verschwindet eine einzigartige Kombination im Kölner Stadtgebiet: Die Bauaufgabe Rathaus der 1960er Jahre, brutalistische Gestaltungsweisen und der Wille der Selbstbehauptung eines heutigen Stadtteils als eigenständige Gemeinde.

Der Abriss und der geplante Neubau werden in der Presse ohne Beachtung der baukulturellen Bedeutung des nun alten Rathauses dargestellt. Petra Rinnenburger von der Gebäudewirtschaft der Stadt Köln spricht dabei schon 2018 zu dem Neubau-Entwurf: Die Gestaltung des Neubaus sei „zu hundert Prozent das Gegenteil von der jetzigen: transparent, offen und bürgerfreundlich.“ Eine studentische Arbeit an der Fakultät für Architektur der TH Köln widerlegt diese Aussage: Der Entwurf Ruoffs hat mindestens diese Ansätze verfolgt, wenn auch in anderer optischer Ausprägung. Doch der Wille, genau hinzugucken, war wohl selten Teil der Geschichte des Rodenkirchener Rathauses.

Foto: Clara Grothkopp

Mit dem Abriss endet mehr als nur diese Geschichte des Rodenkirchener Rathauses. Der Bau mag von Beginn an umstritten, das Gebäude während seiner Nutzung nicht immer beliebt und am Ende von wenigen geliebt gewesen sein. Doch Rodenkirchen benötigt weiterhin ein Bezirksrathaus. Mit Räumen für Ämter, Mitarbeitende der Verwaltung und Publikumsverkehr. In der Bausubstanz des Bestandes ist die Energie, die für seine Errichtung eingesetzt wurde, sowie das im Beton gebundene CO2, gespeichert. Mit dem Abriss wird auch der Passivhaus-Standard des Neubaus nie eine 0-Energie-Bilanzerung erreichen können.

Foto: Clara Grothkopp

Foto: Clara Grothkopp