Statement zum ‚Neubau Campus Deutz‘

 

Beschlüsse von gestern müssen heute überdacht werden

Das Land NRW und die TH Köln bauen einem längst veralteten Plan hinterher – und niemand bemerkt es

 

Wir blicken zurück auf eine unscheinbar wirkende Veranstaltung der Reihe „Jeden Dienstag 19 Uhr – eine Stunde Baukultur“ im Haus der Architektur Köln, die wir als initiative.umbau nicht unkommentiert lassen wollen oder gar können. Unter dem Titel „Entwicklung des TH Köln-Campus Deutz“ wollten der BLB (Bau- und Liegenschaftsbetriebe des Landes NRW) und das Bau- und Gebäudemanagement der TH Köln die derzeit in der Planung befindlichen Neubauten auf dem Campus vorstellen. https://www.hda-koeln.de/kalender/240903_hdak/
 

Die Thematik in Kürze. Der Beschluss von 2011 sieht einen tabula rasa Abriss des Campus Deutz vor. Ein knapp 10 Jahre alter Masterplan (von kister scheithauer gross architekten und stadtplaner) offenbart eine Neubauplanung, wie sie bereits heute nicht mehr zeitgemäß ist. Zudem löst auch sie das als Hauptargument der Umplanungen bestehende Problem der Insellage des Campus Deutz nicht. BLB und Gebäudewirtschaft der TH Köln halten unnachgiebig an diesem Vorhaben fest, ohne den wandelnden Anforderungen der Zeit gerecht zu werden. Die von der Stadt Köln angestrebte Klimaneutralität bis 2035, der Krieg in der Ukraine, die Inflation und andere Krisen hätten sie in Bereichen wie Energieversorgung und Verkehr zum Umdenken gezwungen. Um das ganze Vorhaben aber nochmal in Frage zu stellen, sei es zu spät. Zu viel Geld und Planung stecke schon darin, es sei nicht möglich, die unzeitgemäße Idee eines Abrisses und anschließenden Neubaus in Deutz neu zu bewerten.

Dabei hat sich in den letzten Jahren in Architektur und Stadtplanung viel gewandelt. Der enorme Einfluss auf den Klimawandel durch den Verbrauch von Ressourcen und Energie, vor allem die im Entstehungsprozess für Baumaterialien und Errichtung freigesetzt und somit als „graue Energie“ in den Gebäuden gebunden ist, hat zu einem breiten Umdenken geführt. Schaut man sich jüngere Projekte vom BLB oder der Stadt Köln an, ist auch bei den Institutionen dieses Wissen angekommen. Doch warum gilt dies nicht für bereits beschlossene Projekte? Für das IWZ als Hauptgebäude des Campus-Deutz ist es noch nicht zu spät. Solange das Gebäude weiter steht, kann man den Abriss noch verhindern. Halten die Entscheidungstragenden an der Umsetzung des Masterplans fest, vergibt diese rückwärtsgewandte Sturheit eine große Chance, ein besonders flexibles Gebäude weiterzuverwenden und das darin enthaltenen Co2 zu erhalten.

Ein solcher Schritt braucht Mut, von dem an diesem Abend im HdAK leider nichts zu spüren war. Die an den Vortrag anschließende Frage- und Gesprächsrunde stellte sich als desillusionierend heraus. Die Zuhörenden machten unmissverständlich deutlich, dass sie einen anderen Umgang mit dem Bestand fordern. Ein Projekt dieser Größenordnung sollte als Vorbild für die Baubranche dienen. Es mangelt an Transparenz bezüglich Beteiligung, Kosten und Umweltbelastung. Denn das Projekt ist weder die günstigere, schnellere noch klimafreundlichere Variante. Sie folgt keiner sinnhaften Überprüfung der Rahmenbedingungen – sie ist politisch gewollt. Eine stumpfe Umsetzung dieses Masterplans in unseren Augen nicht zu rechtfertigen. So ist es nicht verwunderlich, dass das Auftreten der Vortragenden bei diesem Termin von Anfang an deeskalierend und auf Rechtfertigung ausgelegt war. Spätestens der Satz „Es schlagen zwei Herzen in meiner Brust!“ ließ deutlich werden, dass die am Abend vorgebrachten Argumente für einen Erhalt und Umbau der Strukturen unübersehbar sinnvoll, die von oben regulierte Haltung aber nun mal eine andere war.

 

Das IWZ steht noch, es ist noch nicht zu spät. Wir fordern die Entscheidungstragenden auf, umzudenken! Es braucht Mut und Kraft, diese Entscheidungen zu hinterfragen und umzukehren. Es ist an der Zeit, der Verantwortung gerecht zu werden! Denn nur dann kann etwas wirklich Gutes entstehen: ein Projekt, an dem man gemeinsam lernen, andere sich orientieren und auf das wir als Hochschule, BLB und Kölner Stadtgesellschaft stolz sein können.

Lasst uns gemeinsam hinschauen und die Beschlüsse von gestern für morgen heute überdenken!

 

Recherchen und Text von Felix Beuter, Clara Grothkopp und Conrad Risch

05.10.2024